Es war einmal vor vielen, vielen Jahren ein einsames, kleines Moppelfanten-Mädchen. Das Moppelchen hatte eigentlich immer Spaß am Leben. Sie tollte über von Sonnenstrahlen erwärmte Wiesen, schwamm in den tiefsten Seen und kletterte auf Bäume, dessen Baumkrone sie nicht einmal im Traum hätte erreichen können. Das Moppelfanten-Mädchen hatte immer ein Lächeln im Gesicht – bis eines Tages ihre Waage auf mehr als gehässige Weise ihr Lachen erwiderte. Herzlich Willkommen bei meiner persönlichen Diät-Vorgeschichte.
Bevor ich anfange: Ich gestehe, jedes Mal wenn ich darüber nachdenke, wie es eigentlich so weit gekommen ist, klingt es für mich ein wenig wie ein schlechtes Märchen, dessen Wahrheitsgehalt ich nur zu gerne verdrängen würde; daher die Moppelfanten-Einleitung. Tatsächlich ist meine Diät-Geschichte aber natürlich leider kein Märchen, sondern “leider” mein Leben. “Leider” zumindest, was den Gewichts-Part angeht.
Die Vorgeschichte
Seit ich mich zurück erinnern kann war mein Gewicht immer ein großes Thema in meinem Leben. Nicht nur bei mir, auch bei meinen Eltern, meinen Klassenkameraden, meinen Freunden, meiner Verwandtschaft. Ich war nie schlank; ja, ich würde sogar sagen, ich hatte noch nie in meinem Leben auch nur ein normales Gewicht. Ich war schon immer die Pummelfee, der Moppelfant. Der Großteil meiner Familie ist ebenfalls übergewichtig. Ich möchte das Ganze hier keinesfalls auf die Gene schieben, sondern eher auf grundlegend falsch anerzogene Ernährung. Ich habe mir einfach das Essverhalten meiner Familie abgeschaut. Beispielsweise die Tüte Chips, die zum täglichen Nachmittags-Programm meiner Mutter gehörte oder die kleinen Snacks, die mein Vater sich nach dem Abendessen vor dem Fernseher einverleibte. Auch die Tatsache, dass beide meiner Elternteile das meistens heimlich taten habe ich mir abgeschaut.
Es wurde nichts aufgeschrieben oder auch nur darüber nachgedacht. Mein Vater war schon immer schlank – er hatte einen körperlich anstrengenden Job. Für ihn waren diese abendlichen Snacks nie ein Problem. Meine Mutter war stark übergewichtig; noch stärker als ich es jemals sein werde. Sie war der liebenswerteste Mensch, der mir je begegnet ist, aber sie schämte sich immer unheimlich für ihr Gewicht. Die Tüte Chips am Nachmittag wurde grundsätzlich bei jeder kleinsten Bewegung im Haus mit einem lauten Knistern hinter dem Sofakissen versteckt – jedes Mal, wenn ich sie dabei erwischte, bekam ich eine kleine Schüssel ab. Als Schweigegeld sozusagen; damit klein Moppelchen das bloß nicht dem Papa erzählen würde!
Auch meine Mutter versuchte unzählige Male abzunehmen, eine Crashdiät nach der anderen. Kalorienzählen mit max. 500 Kalorien am Tag; ja, sogar Formulardiäten wurden ausprobiert. Sie vergaß nur leider, dass man die Shakes anstatt der Mahlzeiten trinken sollte und nicht zusätzlich. Sie nahm jedenfalls nie wirklich ab. Es war ein jahrelanges auf und ab.
Wie dem auch sei – meine Mutter hatte immer Angst, dass ich mal genau so dick werden würde, weshalb Süßigkeiten und Snacks außerhalb der Mahlzeiten für mich eigentlich immer mehr oder weniger verboten waren. Ab und zu durfte ich mal etwas naschen, in der Regel aber eher nicht. Wie Kinder nun einmal so sind, wollte ich das aber natürlich. Und, so wie ich meine Mutter fast immer beim Naschen erwischt habe, wusste ich natürlich auch, wo sie ihre geheimen Schätze lagert.
Ich schaute mir dieses heimliche Naschen also ab. Plünderte nach und nach die Vorräte meiner Mutter und aß sie heimlich auf dem Sofa. Wie auch meine Mutter versteckte ich meine Beute bei jeder kleinsten Bewegung im Haus – allerdings nicht unter dem Sofakissen, sondern in der Sofaritze. Lecker! Wenn die Luft rein war, holte ich sie wieder heraus und aß weiter. Wenn die Gesellschaft in der Nähe blieb, schob ich es heimlich weiter herunter. So kam es, dass einige Jahre später, als ich etwas älter war, meine Eltern bei einer gründlichen Sofa-Reinigung uralte, halbverspeiste Süßigkeiten-Überreste fanden.
Ich wurde selbstverständlich immer dicker und neben mir nahm auch das Gerede über mein Gewicht in der gesamten Familie immer mehr zu. Je mehr darüber gesprochen wurde, desto mehr fraß ich heimlich in mich hinein. Es nervte mich, dick zu sein. Aber ich konnte damit leben. Meistens jedenfalls – bis ich in der Schule „Glockenturm“ genannt wurde, weil ich aufgrund meines Gewichts die einzige war, die in der 6. Klasse bereits Brüste hatte. Abgesehen davon wurde ich in der Schule tatsächlich nicht unbedingt wegen meinem Gewicht gehänselt – nur einige wenige Mitschüler machten sich einen Spaß darauf, mit den meisten kam ich aber gut aus.
Als Kind war ich immer sehr sportlich – ich ging wöchentlich zum Turnen und zum Jazztanz, zwei Mal pro Woche zum Schwimmen und war irgendwann sogar Rettungsschwimmerin. In der Schule im Sportunterricht war ich immer eine der Besten – trotz meines Gewichts. Oder vielleicht war ich gerade wegen meines Schwimmringes so eine gute Schwimmerin? Vielleicht war ich im Weitsprung wegen des Schwinggewichts so gut? Ich weiß es nicht. Ich liebte Sport jedenfalls, daher hielt sich mein Gewichtsproblem noch halbwegs in Grenzen. Irgendwann kam allerdings der Punkt, an dem ich jede Sportart, die ich betrieben habe, nach und nach auf Eis gelegt habe. Aus „pummelig und sportlich“ wurde „faul und fett“. Keine Spur von sportlich. Je länger ich keinen Sport machte, desto weniger Lust hatte ich, mich zu bewegen.
Ich erinnere mich an einen Moment, ich schätze es war mit 10-12 Jahren, an dem meine Mutter mich ins Bad zerrte und ich bereits stolze 78 KG auf die Waage brachte. Damals war ich vermutlich noch kleiner als heute und auch heute kann ich nicht mit mehr als 163 Centimetern dienen. Ab diesem Tag war es also offiziell, ich war ein Moppel. Ich musste etwas tun; das sahen zumindest alle anderen so. Ich wurde auf Diät gesetzt. „Nicht mit mir!“, dachte ich mir heimlich und futterte natürlich auch weiterhin heimlich vor mich hin.
Meine erste Crashdiät
Ich glaube, es war Ende 2009 als mein damaliger Freund sich von mir trennte. dass ich tatsächlich mal wieder auf die Waage stieg. Angeblich war ich plötzlich einfach nur noch eine gute Freundin – direkt nachdem er mich seinen Freunden vorstellte und alle lästerten, weil ich dick war. Tatsächlich denke ich bis heute, dass er sich vor seinen coolen Freunden für seine dicke Freundin geschämt hat. Wie dem auch sei – ich fiel vor Schreck beinahe rückwärts von der Waage. 97 KG – nicht einmal im Traum hätte ich so eine hohe Zahl auf der Waage vermutet. Ich hatte mein absolutes Höchstgewicht erreicht und musste dringend die Notbremse ziehen.
Gemerkt hatte ich es natürlich auch vor dem Gang auf die Waage.. Beim Einkaufen hat nichts mehr gepasst. Bei den kleinsten körperlichen Aktivitäten ging mir die Puste aus. Nach längerem Laufen bekam ich sogar Muskelkater und Wadenschmerzen. Beim Hinsetzen schliefen mir die Füße ein, weil das Fett kein Blut mehr in die Füße ließ, sobald ich die Beine anwinkelte. Es musste also etwas getan werden. Ich informierte mich lange im Internet und beschloss, es musste eine schnelle Lösung her. So schnell wie irgendwie möglich!
Gesagt, getan: ich entdeckte Almased für mich und ernährte mich ab Februar 2010 fortan von Shakes. Innerhalb von etwa 2 Monaten nahm ich ca. 15 KG ab. Kaum begann ich allerdings, einen Shake wieder durch eine Mahlzeit zu ersetzen, begann ich wieder völlig unkontrolliert zu fressen. Schwupdiwupp bin ich bis Anfang 2013 bei einem noch weitaus höheren Gewicht gelandet. Soviel zu meinem Vorsatz „auf gar keinen Fall jemals dreistellig zu sein!“. Ich war also im dreistelligen Bereich.
Wieder nichts gelernt, habe alles darauf geschoben, dass ich zuviel gegessen habe. Auf gar keinen Fall hat mich der Jojo durch Almased eingeholt. Auf keinen Fall, nein nein, niemals! Ich meine, die 1400 Kalorien, von denen ich nach den Shakes zugenommen habe ohne Ende waren ja auch eine ganze Menge, oder nicht? *Sarkasmus aus*. Gut, ich gebe zu, irgendwann fing ich an zu fressen, aber zugenommen habe ich bereits von dem kleinsten bisschen.
Die Hungerkur geht weiter
Dennoch – gelernt hatte ich nichts. Da Almased gut funktioniert hatte, probierte ich es einfach nochmal. Ich wollte mir durch ein paar rasche Kilos eine ordentliche Portion Motivation holen und dann auf gesundem Wege weiter abnehmen. Für diese schnelle Variante hatte ich immerhin genug Disziplin – mein Problem bestand nicht im Verzicht. Verzichten konnte ich super, ich habe die erste Almased-Phase, in der man nur Shakes trinkt, hervorragend gemeistert ohne zu leiden. Verzichten kann ich. Mein Problem bestand eher darin, mich gesund zu ernähren und nicht zu viel zu essen, wenn ich denn esse. Gar nichts essen fiel mir da immer deutlich leichter. Der Plan wurde also erneut umgesetzt.
Ich nahm etwa 10 KG ab und war wieder bei meinen 97KG vom ersten Start. Wie das Schicksal so wollte ließ auch dieses Mal der Jojo nicht auf sich warten und ich nahm wieder zu. Geachtet habe ich auf nichts.
Die tatsächliche Ernährungsumstellung
Ende 2013 begann ich, Kalorien zu zählen und meine Ernährung komplett umzustellen – ich musste auf nichts mehr verzichten und lernte tatsächlich langsam, wie eine gesunde Ernährung eigentlich aussieht. Ich habe mich viel informiert, war bei verschiedenen Ärzten und habe mich ausgiebig über das Thema Ernährung beraten lassen, unter anderem auch in verschiedenen Foren. „Schluss mit dieser Berg-und- Tal Fahrt!“, dachte ich zumindest. Ich nahm ab und wieder zu, so wie jedes Mal.
Aber hey – gelernt habe ich zumindest, dass Crashdiäten nicht mein Ding sind. Damit hatte ich die Kilos immer genau so schnell wieder drauf, wie ich sie runter hatte.
Seit Frühjahr 2015 bin ich nun mehr oder weniger konsequent wieder dabei. Ich würde es aber nicht unbedingt eine Diät nennen. Außerdem achte ich zwar darauf, was ich esse, ich verzichte aber auf nichts. Ich wiege nicht jedes Gramm ab und schreibe nicht jede Kalorie auf, die ich zu mir nehme. Beinahe 114 KG brachte ich Anfang 2015 auf die Waage. Seither habe ich etwas über 20 KG abgenommen. Super langsam, das ist mir klar – es gingen immer mal wieder ein paar Kilo runter und dann habe ich immer mal wieder für mehrere Monate das Gewicht gehalten.
Step by step
Da ich aber tatsächlich irgendwann aufhören möchte, mich selbst einen Moppelfanten zu nennen, möchte ich nun wieder etwas konsequenter durchstarten – nicht als Crashdiät und auch nicht mit radikalem abwiegen. Aber ich möchte mich gesünder ernähren und mehr Sport treiben. Meinen Alltag aktiver gestalten und dies hoffentlich auch so beibehalten.
Sicher, es dauert nun schon ewig. Ich habe mir die Kilos über mein ganzes Leben angefressen – inzwischen habe ich mich mit dem Gedanken angefreundet, sie auch nicht innerhalb kurzer Zeit loszuwerden. Es dauert bereits Jahre, weil ich nicht konsequent genug bin. Aber irgendwann möchte ich tatsächlich mal an den Punkt geraten, dass ich zufrieden mit mir und meinem Körper bin. Ich möchte irgendwann „ankommen“.
Bei welchem Gewicht ich enden werde, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich nie wieder so zunehmen möchte. Mein Gewicht von ca. 90 KG halte ich nun bereits seit einem Jahr – nun ist es an der Zeit, dass es bergab geht. Ich mache mir da keinen Stress, hätte aber dennoch bis zum Spätsommer gern zumindest ein paar Kilos weniger. Ich möchte einen aktiveren Alltag, mehr Sport und ein wenig Muskulatur! Vor allem anderen aber möchte ich eins: mich irgendwann in meiner Haut wohlfühlen und mich nicht mein Leben lang mit meinem Gewicht ärgern.
Und wisst ihr was?
Ich weiß, dass ich das schaffe.
Ich weiß, dass ich irgendwann bei meinem Wohlfühlgewicht ankommen werde.
Ob das dann 50,60 oder 70 KG sein werden, weiß ich nicht.
Aber ich werde ankommen.
.. das war’s erst einmal zu der Moppelfanten-Vorgeschichte.
.. und wenn sie nicht gestorben ist, dann moppelt sie noch heute. Oder so ähnlich!
Susan meint
Liebe Sarah,
vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrungen und herzlich Gratulation für das, was du bist jetzt erreicht hast. Die Einsicht, dass nicht das Tempo der Abnahme das Wichtigste ist, sondern vielmehr das Dranbleiben, kam auch bei mir mit Verzögerung. Sie half und hilft mir bis heute, dranzubleiben.
Ich wünsche dir auf deinem Weg weiterhin viel Erfolg,
liebe Grüsse, Susan
kiitsune meint
Hallo liebe Susan,
vielen Dank für Deinen Kommentar! 🙂 Wäre natürlich schön, wenn auch das Tempo mal etwas schneller gehen würde,
aber generell bin ich da absolut bei Dir. Dranbleiben und am Ende auch halten ist deutlich wichtiger.
Hast Du eine ähnliche Geschichte hinter Dir?
Lieben Gruß
Sarah
Susan Rothenberger meint
Hallo liebe Sarah,
ja. Ich war von klein auf übergewichtig und meistens die Schwerste in der Klasse. Dies zog sich bis vor rund 4 Jahren wie ein roter Faden durch mein Leben. Seit 2014 nehme ich mit einer Stoffwechsel-optimierten Ernährung ab, seit 2015 schreibe ich im Online-Magazin myPfadFinder darüber (https://mypfadfinder.com/?s=Susan+Rothenberger).
Gerade das Auseinandersetzen mit den verschiedenen Themen rund ums Abnehmen hat mir viel gebracht – darunter auch die Erkenntnis, dass das Dranbleiben über Erfolg oder Nicht-Erfolg entscheidet. 🙂
Ich finde es super, dass du so offen darüber geschrieben hast und wünsche dir für deine Zukunft und deinen Blog weiterhin viel Erfolg (und natürlich auch viel Spass :-)).
Liebe Grüsse,
Susan